Auf den Spuren des Wassers
Ohne Wasser kein Baden: Fremdenführerin Christine Triebnig-Löffler führt durch die Stadt der heilsamen Quellen und dampfenden Schwefelbäder.
Eigentlich hat Christine Triebnig-Löffler ein Doktorat in Geophysik, doch ihr Herz schlägt für Architektur, Kunst und Malerei. Seit über 20 Jahren führt die Wahlbadenerin Besucher:innen durch die wasserreiche Geschichte der Kleinstadt.
Frau Triebnig-Löffler, wir wollen uns heute auf eine Reise in die Geschichte Badens begeben. Wo starten wir am besten?
Christine Triebnig-Löffler: Ich würde sagen, im Falle Badens ist es so: Am Anfang war das Wasser.
Und wo findet man das?
Am ehesten dort, wo alles begonnen hat: Bei der „Römerquelle“. Vor etwa 2000 Jahren ist sie von den Römern entdeckt worden, somit ist sie die älteste Quelle der Stadt.
Sprudelt sie nach wie vor?
Oh ja, unentwegt. Sie entspringt unterhalb der Sommerarena im heutigen Kurpark. Aufgrund der Quelle gründeten die römischen Legionäre hier einen Badeort, den sie „Aquae“ nannten, was übersetzt „Baden“ bedeutet – dieser Ursprungsquelle verdankt der Ort nicht nur seinen Namen, sondern auch seine Identität.
Sie meinen das gelbe Gold?
Ich spreche von der heilsamen Wirkung des Thermalwassers, dem Naturschatz Badens. Das Mineralgelb der Schwefelquellen macht ersichtlich, was für die Historie Badens unerlässlich ist: die weltbekannte Bäderkultur. Aus ihr hat sich eine gesamte Tourismuskultur entwickelt und daraus ist auch ein neuer Städtetypus entstanden: die Kurstadt Baden.
Seit 2021 ist die Stadt ja sogar Weltkulturerbe.
Dass Baden seit neuestem zu den führenden Kurstädten Europas zählt und in die UNESCO-Liste der „Great Spa Towns of Europe“ eingetragen wurde, ist besonders erfreulich – nicht zuletzt deshalb, weil damit nicht nur die Bädertradition, sondern auch die Architektur und das gesamte Ensemble der Stadt gewürdigt wird.
Apropos Badehäuser, es gab ja mehrere davon in der Stadt.
Insgesamt gibt es 14 Thermalquellen in Baden. Wenn wir also weiter auf den Spuren des Wassers wandeln wollen, dann müssen wir vom Kurpark aus gar nicht weit gehen. Gegenüber befindet sich das Hotel Herzoghof, einst standen auf diesem Grund das Herzogbad und Antonsbad, beide Bäder gibt es schon lange nicht mehr, letzteres wurde jedoch gerne von der Ehefrau Mozarts, Constanze Mozart, besucht. Sie müssen wissen, viele Orte in Baden sind nicht nur mit historischen Badeanstalten verbunden, sondern auch mit interessanten Persönlichkeiten. Ludwig van Beethoven kurte regelmäßig in Baden, über 15 Sommer hat er hier verbracht, um sich von seinen Leiden heilen zu lassen und etwas gegen seine Taubheit zu unternehmen. Aber auch die Kaiserin Maria Theresia war von den Kräften des Heilwassers überzeugt, die Thermalquellen haben berühmte Gäste aus aller Welt angezogen. Im Moment gibt es eine tolle Ausstellung dazu im Kaiserhaus – „Aufbaden-Abbaden“ heißt sie, die sollten wir uns unbedingt ansehen.
Bevor wir die Ausstellung besuchen, wollen wir aber noch ein paar Schritte durch die Stadt machen.
Dann gehen wir nun vom Kaiserhaus weiter zum Josefsplatz, dort steht ein schöner, klassizistischer Bau: das Arnulf-Rainer-Museum. Unterhalb dieses Gebäudes entspringen zwei Quellen, die Frauen- und Karolinenquelle. Bis 1972 war hier das Frauenbad, ein wahrer Badetempel, der allerdings der Aristokratie vorbehalten war. Im Museum selbst sind Baderäume, Becken und Kabinen noch erhalten und bilden heute eine Symbiose mit moderner Kunst. Und dennoch spürt man das heilsame Flair von damals, während man Kunstwerke von heute erlebt.
Es scheint, als ob viele Quellen unter den Gemäuern der Stadt versteckt liegen. Gibt es auch Quellen, die sichtbar sind?
Natürlich! Da wäre zunächst die Marienquelle: Sie liegt 11 Meter unter der Flusssohle der Schwechat, von der Kaiser-Franz-Josef-Brücke aus sieht man heute noch das Überlaufbecken mit dampfendem Schwefelwasser. Eine weitere Spur findet sich am Pergersteg, wo sich früher zwei ehemalige Badehäuser befanden, eines davon ist heute das „Theater am Steg“. Unter dem Fundament des Hauses verstecken sich zwei Quellen, deren Wasser ebenso in die Schwechat fließen. Gleiches gilt für die Schwefelgewässer des Sauerhofs und des Engelsbads, wobei nur die Quelle des Engelsbads heute für eines der Rehabilitationszentren der Bundesversicherungsanstalt verwendet wird.
Jetzt haben wir viele Orte der einstigen Bäderkultur besucht. Wo darf man denn heute noch ins heilsame und warme Wasser springen?
Ganzjährig geht das in der Römertherme, dort gibt es im Außenbereich ein „Schwefelwandl“, wie wir das Becken auch nennen. Und im Sommer badet man herrlich im Thermalstrandbad, ein architektonisches Meisterwerk im Art-Déco-Stil, dass sogar zwei „Schwefelwandln“ bietet. Wussten Sie, dass das Strandbad den größten künstlichen Sandstrand Österreichs beheimatet?
„Little-Italy“ hat man es früher genannt, richtig?
Ganz genau, und heute finden auf den Sandplätzen nationale sowie internationale Beachvolleyball-Turniere statt.
Eine abschließende Frage: Das Badener Thermalwasser hat ja nicht nur heilsame Wirkung bei rheumatischen oder dermatologischen Erkrankungen, man kann es ja auch trinken?
Schwefelwasser zu trinken, hat in Baden seit Jahrhunderten Tradition. Aktuell gibt es keinen Brunnen im öffentlichen Raum, aber man kann während der Öffnungszeiten in das Kurhaus gehen und dort aus dem Schwefelwasserbrunnen trinken. Das kann ich nur empfehlen, ich mache es täglich.