Altsteinzeitliche Lagerplätze in Willendorf in der Wachau
Historische Stätte
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Sieben Fundstellen, neun Schichten, ein Weltstar: Der Fundort der berühmten Venusstatuette ist für Archäologen eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten aus der Altsteinzeit.
Die „Venus von Willendorf“ – eine mit üppigen Formen ausgestattete, rund 11 cm große und knapp 30.000 Jahre alte Frauenstatuette – hat den kleinen Wachauer Ort Willendorf weltberühmt gemacht. Über den archäologischen Fundzusammenhang der Figur und den altsteinzeitlichen Lagerplatz selbst ist allerdings wenig bekannt.
Beginn der Ausgrabungen
Beim Abbau von Lehm für Ziegeln wurden 1889 in Willendorf die ersten Funde gemacht. Die großen Entdeckungen erfolgten allerdings erst 19 Jahre später, als beim Bau der Wachaubahn infolge großer Erdbewegungen an insgesamt sieben Stellen steinzeitliche Funde zutage kamen. Die Fundstelle der Venus, Nummer 2 in der offiziellen Zählung, liegt auf einem Lösssporn an der Mündung des Willendorfer Bachs in die Donau und wurde offenbar über lange Zeit immer wieder von steinzeitlichen Jäger- und Sammlergruppen aufgesucht. Die archäologischen Ausgrabungen begannen 1908 unter der Leitung von Josef Szombathy, einem Archäologen am Naturhistorischen Museum Wien, und wurden bis 1927 fortgesetzt. 1955 und zuletzt 2006 fanden Nachgrabungen im Zuge von Forschungsprojekten der Universität Wien statt.
Die Fundstelle
Der in den Kaltzeiten als Flugsediment abgelagerte Löss bildet am Fundort eine 6 m hohe Schicht, in der sich insgesamt mindestens neun Kulturschichten als schwarz-braune Bänder abzeichnen. Die untersten zwei Schichten sind etwas mehr als 40.000 Jahre alt und könnten noch aus der Zeit der Neandertaler stammen. Es wäre dies die einzige derzeit bekannte Freilandfundstelle dieser Zeit. Die beiden darüber liegenden Kulturschichten lassen sich aufgrund der Steingeräte dem Aurignacien, dem ältesten Abschnitt des Jungpaläolithikums (40.000 bis 29.000 Jahre alt), zuordnen.
Die Funde aus den Schichten 5 bis 9, die etwa 29.000 bis 19.000 Jahre alt sind, gehören dem mittleren Jungpaläolithikum (Gravettien) an. Die Venus von Willendorf stammt aus Schicht 9. Immer wieder finden sich bei Ausgrabungen Reste eingetiefter Herdstellen und Hinweise auf Zelte oder andere Behausungen. Offenbar diente der Platz wiederholt als Basislager im eiszeitlichen Winter, wovon Überreste von Wildpferd, Rentier, Steinbock, aber auch Vielfraß, Bär, Höhlenlöwe und Mammut zeugen.
Tipp: Das Venusium in Willendorf informiert über die Fundstelle und die Ausgrabungen. Das Original der Venus befindet sich im Naturhistorischen Museum in Wien.