8 frische Wein-Ideen aus Niederösterreich
Merkliste aufrufen merkenNiederösterreichs junge Weinszene geht neue Wege. Und alle führen sie dorthin, wo die Mega-Trends der Branche liegen: zu „bio“ und zur „Nachhaltigkeit“.
Zwei Winzer schaffen gemeinsam einen Wein, den sie so alleine nie hingekriegt hätten. Ein Gastronom und ein Winzer wecken Weingärten aus dem Dornröschenschlaf. Und ein Biodynamiker versiegelt Flaschen mit Bienenwachs. – Ein Blick auf Top-Trends im Weinbau.
Kein Zweifel: Wein ist im doppelten Sinn des Wortes in aller Munde. Und Niederösterreichs Winzerinnen und Winzer mischen bei diesem Boom gehörig mit. Vor allem Biobetriebe nehmen ordentlich Fahrt auf. Die kompromisslose Umstellung, die sich bei vielen schon seit Jahrzehnten abspielt, trägt Früchte. Jetzt dreht man nicht nur an den großen Schrauben, man wirft auch prüfende Blicke auf sämtliche Abläufe, stellt Selbstverständlichkeiten in Frage. Wieso nicht den stillgelegten Weingarten wiederbeleben? Braucht es wirklich alle Zusatzstoffe? Und ist Handarbeit in jeder Hinsicht „von gestern“?
NEUEINSTIEGE: Es muss nicht immer Familientradition sein
Man muss nicht aus einer Winzerfamilie stammen, um ein erfolgreiches Weingut zu besitzen. Wie Franz Hofbauer und Michael Linke: Beide keine Winzersöhne, aber hochinteressierte Pendler zwischen den Weinwelten von Neuseeland über Deutschland bis in den Spitzer Graben. In Letzterem sind sie gelandet und haben in knapp 10 Jahren das biodynamische Weingut Grabenwerkstatt (Trandorf, Wachau) entstehen lassen. Mittlerweile spielt man im Konzert der Wachauer Top-Weingüter mit.
KOOPERATIONEN: Gemeinsam geht´s besser
Es beginnt mit einer gemeinsamen Vision: Immer öfter bringen Gemeinschaftsprojekte in außergewöhnlichen Konstellationen außergewöhnliche Weine hervor. Wie bei GREgor Nimmervoll vom Weingut Nimmervoll (Engelmannsbrunn) und FrANZ Leth vom Weingut Familie Leth (Fels a. Wagram), Winzerfreunde aus dem Weinbaugebiet Wagram. Das Resultat nach unzähligen Verkostungen und Einsatz von Bauchgefühl: der „GREANZ“, ein maischevergorener, puristischer Wein, der den beiden schon seit Jahren höchste Anerkennung bringt.
OFFENHEIT: Die ganze Welt ist Lehrmeisterin
Angehende Winzerinnen und Winzer werden oft in die weite (Wein-)Welt hinausgeschickt um zu lernen. Zurück im elterlichen Betrieb, hinterfragen und verändern sie vieles. Auch Martin und Anna Arndorfer vom Weingut Martin und Anna Arndorfer (Strass, Kamptal) gehen, aufbauend auf Familientradition, ihren eigenen Weg. Etwa als Pioniere des „natürlich perlenden“ Schaumweines „Pet Nat“ für den sie mit dem Langenloiser Winzerpaar Alwin und Stefanie Jurtschtisch vom Weingut Jurtschitsch sogar ein eigenes Weingut, „Fuchs und Hase“, gegründet haben.
ENTDECKERLUST: Weingarten-Archäologie birgt Chancen
Wein gewinnt in vielerlei Beziehung an Wert. Da werden auch längst vergessene und verwilderte Weingärten wieder interessant. Mike Nährer, Haubenkoch aus Rassing nahe St. Pölten, will mit dem Projekt „Vergessene Gärten“ das Potenzial der Weinbauregion Traisental wiederentdecken. Aus alten Weingärten im südlichsten Traisental kommen jetzt mit vinophiler Unterstützung vom Weingut Tom Dockner (Theyern) wieder feine Weine. Minimalistisch, spontan vergoren und unfiltriert.
BIO-NATIVES: Neue Impulse aus der nächsten Generation
Vor rund 20 Jahren verschrieben sich manche junge Winzer in Niederösterreich dem biodynamischen Weinbau. Nicht immer zur Freude ihrer Eltern. Heute sind diese „jungen Wilden“ selbst Eltern, ihre Kinder werken im Betrieb. Nikolaus Moser übernahm 2000 das legendäre Weingut Sepp Moser in Rohrendorf (Kremstal), 2009 erreichte er die Demeter-Zertifizierung. Heute ist Tochter Kathi nicht nur für Marketing und Export zuständig, auch so manche Weine tragen ihre Handschrift.
REDUZIERUNG: Die Kunst des Weglassens
Wer kompromisslos naturbelassene Weine will, verzichtet auf Zusätze. Auf alle, bis auf Schwefel, denn der hält den Wein stabil, verhindert unerwünschte Nachgärung. Biodynamik-Winzer wie Herbert Zillinger vom Weingut Herbert Zillinger (Ebenthal, Weinviertel) hält diesen Zusatz aber so gering wie möglich: durch kerngesundes Traubenmaterial, rasche Verarbeitung im blitzsauberen Keller und den Einsatz des Schraubverschlusses. Schwefel kommt deshalb bei Zillinger nur mehr, wenn notwendig, in minimaler Dosis in den Wein.
BIODIVERSITÄT: Vielfalt bringt´s
Biologische Vielfalt statt Monokultur ist angesagt. So trifft man auch in den Weingärten des Weingut Familie Auer in Tattendorf (Thermenregion) auf Kräuter, Schafe und Bienenstöcke. Vater Leopold gab seine Bio-Leidenschaft an die Söhne Matthias und Lukas weiter. Die füllen jetzt ihre Naturalweine „Schafweingarten“ und „Bienenweingarten“ in Steinzeugflaschen und packen das Ganze in Graskarton. Alles über die Entstehung dieses Weines erfährt man auf einer beiliegenden Graspapier-Rolle.
HANDARBEIT: „Begreifen“ kommt von „greifen“
Ob bei Rebschnitt oder Lese ... Handarbeit gewinnt wieder an Bedeutung. Biodynamiker Johannes Trapl vom Weingut Johannes Trapl (Stixneusiedl, Carnuntum) etwa versteht sich als Handwerker. In seinem Fall kommen die Füße dazu, denn die meisten seiner Trauben werden mit den Füßen gestampft. Die Gärung erfolgt in Bottichen oder Amphoren, die Reifung im Fass. Naturverbundenheit bis zum (Ver-)Schluss: Statt mit Kapseln aus Alu oder Zinn versiegelt er seine Flaschen mit Bienenwachs, frisch vom Imker.