Auf eine Tasse Kräutertee
Merkliste aufrufen merkenMit Theaterintendant und Waldviertel-Insider Zeno Stanek.
Als Regie-Studierender am Max Reinhardt-Seminar kam Regisseur Zeno Stanek einst das erste Mal nach Litschau im nördlichen Waldviertel: Über die Sommermonate hinweg wurde im Litschauer Brauhaus aus dem 18. Jahrhundert geprobt und gearbeitet; die Aufführungen fanden auf einer provisorischen Bühne am Herrensee statt. Nach Abschluss seines Studiums entwickelte Zeno daraus das Schrammel.Klang.Festival, das heute als kultureller Fixpunkt im Waldviertel gilt. Heute hat der Theaterregisseur und Intendant in Litschau nicht nur eine berufliche, sondern auch eine private Heimat gefunden: Das alte Brauhaus – Sommerfrische-Quartier zu Studienzeiten – wurde zu seinem Zuhause. Zusätzlich zum Schrammel.Klang-Festival gründete er 2018 auch das Theaterfestival HIN & WEG.
Seit 2020 fungiert er zudem als Geschäftsführer des Theater- und Feriendorfs Königsleitn, das einen inspirierenden Mix aus Kultur und Kulinarik bietet. An einem kalten Wintermorgen trafen wir Zeno Stanek auf eine Tasse Waldviertler Kräutertee im Dorfwirt des Theater- und Feriendorfs und sprachen mit ihm über seine Liebe zu Litschau und die regionalen Lebensmittelhandwerker:innen sowie über seinen kulinarischen Anspruch bei seinen Festivals und im Theater- und Feriendorf Königsleitn.
Herr Stanek, was ist das Besondere an Litschau? Was braucht es, damit an einem Grenzort ein solch‘ kultureller Hotspot entsteht?
Am wichtigsten sind die Menschen, die offen sein müssen – und die Litschauer:innen haben diese Offenheit schon immer gezeigt. Im Jahr 2007 veranstalteten wir das erste Schrammel.Klang.Festival, und schon 2009 errichteten wir in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und dem Land Niederösterreich das erste Theater. Andererseits spielt natürlich auch der Ort eine wichtige Rolle. Die Lage Litschaus am Herrensee ist magisch und wunderschön. Der Ort strahlt eine unglaubliche Ruhe, aber auch Kreativität aus. Es ist eine Art „kreative Ruhe“, die einen hier umgibt. Zu dieser Atmosphäre tragen auch die Granitsteine bei, die zahlreich in den Wäldern und auf den Feldern zu finden sind. Einige davon haben sogar Namen, weil sie seit Jahrtausenden Teil dieser Landschaft sind.
Ich glaube, dass immer mehr Menschen erkennen, dass die Abgeschiedenheit der Landschaft hier auch eine Tugend ist. Die Wintermorgen hier sind oft nebelverhangen, was eine ruhige, fast geheimnisvolle Atmosphäre erzeugt. Mittlerweile fehlt es hier an nichts: Kunst und Kultur, die sonst oft nur im urbanen Raum zu finden sind, haben bei uns ihren Platz. Tritt man vor die Tür, ist man aber sofort inmitten der Natur.
Beim Schrammel.Klang.Festival ist auch das Thema Kulinarik sehr zentral. Viele regionale Produzent:innen sind an Bord – welche kulinarischen Besonderheiten erwarten die Gäste?
Sowohl im Theater- und Feriendorf als auch beim Schrammel.Klang.Festival legen wir großen Wert darauf, mit regionalen Produzent:innen zusammenzuarbeiten. Wir haben zum Glück sehr viele hervorragende Produzent:innen rund um Litschau. Das reicht von Schaf-Spezialitäten über Käseprodukte und Wildprodukte bis hin zum Fisch – der Litschauer Schlosskarpfen ist natürlich besonders wichtig. Beim Schrammel.Klang.Festival verfolgen wir eine Picknick-Gastronomie. So wie sich unsere neun Bühnen rund um den Herrensee verteilen, verteilen sich auch unsere Gastronomie-Hütten rund um den See – der Schmankerl-Pfad führt die Besucher:innen durch. Da findet man unter anderem die Leberkas-Hütte – Franz Geitzenauer aus Litschau macht den weltbesten Leberkäse, sein Fleisch wird sogar nach Wien ins Vestibül und ins Schwarze Kameel geliefert. Dann gibt es freilich eine Fischhütte und eine süße Hütte, in der Litschauer Mütter und Großmütter jeweils ihren Spezialkuchen anbieten. In der Kaiserschmarrn-Hütte bereitet Kochlegende Ernst Weidmann, der früher das „Gasthaus zur Post“ in Litschau geführt hat, seinen legendären Kaiserschmarrn zu. Die Schaf-Spezialitäten kommen vom Biobauernhof Österreicher, die übrigens auch einen sehr guten Schaf-Joghurt machen. Selbstverständlich darf auch das Schremser Bier nicht fehlen.
Woher kommt dieser hohe, kulinarische Anspruch beim Schrammel.Klang.Festival?
Weil es mir sonst keinen Spaß machen würde. Es ist einfach schön, wenn man von Qualität und glücklichen Menschen umgeben ist. Bei der Musik streben wir ja auch nach hoher Qualität und wählen sorgfältig aus, wer bei uns auftritt und spielt. Das gilt auch für die Kulinarik. Das Essen und das Wohlbefinden tragen entscheidend zum Erfolg des Festivals bei. Auch in unserem Hotel dreht sich alles um Genuss, nicht bloß um Nahrungsaufnahme. Das gilt bis hin zu den Getränken. Unser Kaffee beispielsweise stammt von der Waldviertler Rösterei Barista vom Berg. Auch bei der Weinauswahl setzen wir hohe Maßstäbe. Unsere Restaurantleiterin hat viele Weingüter, die auf unserer Weinkarte vertreten sind, persönlich besucht und die Weine vor Ort verkostet, bevor sie sie auf die Karte gesetzt hat.
Es gibt glücklicherweise viele herausragende Produzent:innen in der Region, aber auch Handwerker:innen. Alle Gebäude und Renovierungen konnten wir mit lokalen Unternehmen realisieren, was nicht nur den Ort, die Region auszeichnet, sondern auch für die hohe Lebensqualität steht, die wir hier genießen. Diese Lebensqualität möchten wir unsere Gäste und Besucher:innen spüren lassen und ihnen mitgeben.
Was können die Gäste rund um das Theater- und Feriendorf kulinarisch erleben?
Bier spielt bei uns im Waldviertel eine große Rolle. Es gibt eine Vielzahl an regionalen, familiengeführten Brauereien, etwa die Zwettler Brauerei oder die Schremser Bierbrauerei von Karl Trojan. Zudem sind wir nicht weit von der tschechischen Grenze entfernt; Budweis, die Heimat des berühmten Budweiser Biers, ist nur 40 Minuten von Litschau entfernt. Budweis ist übrigens auch eine großartige Stadt für Opernliebhaber:innen, mit ganzjährigen Aufführungen. In Zusammenarbeit mit der Schremser Bierbrauerei und der Hopfenspinnerei haben wir außerdem das Package „Hopfen & Malz“ entwickelt. Gäste können bei uns übernachten, das Menü von Klaus Hölzl samt Bierbegleitung im Dorfwirt genießen und sowohl die Schremser als auch die Waidhofener Brauerei besuchen, um diese zu besichtigen sowie verschiedene Biere zu verkosten.
Wenn Sie Gäste zu Besuch haben, wo gehen Sie mit ihnen essen?
Zuerst natürlich hier bei unserem Klaus Hölzl. Sehr gerne esse ich im „Landgasthof zum Topf“ in Vitis und im Gasthof Krupik in Nagelberg. Dort esse ich am liebsten die gratinierten Weinbergschnecken mit Knoblauchsauce zur Vorspeise. Sehr gute Powidltascherl gibt’s gleich hinter der Grenze, die ja nur wenige Minuten weg ist, im Restaurant Peršlac. Die Grenze ist überhaupt sehr prägend für die Menschen hier. Physisch ist sie heute fast nicht mehr sichtbar, aber in den Köpfen ist sie natürlich immer noch. Einer, der sehr schön über die Grenze schreibt, ist übrigens der Autor Thomas Sautner.
Gibt es regionale Spezialitäten, die man unbedingt probieren muss, wenn man in der Region rund um Litschau urlaubt?
Der Litschauer Schlosskarpfen ist natürlich eine Spezialität, die man probieren sollte. Auch der Waldviertler Erdäpfel in jeder Variante gehört dazu, sei es als Knödel oder pur. Mohn in verschiedenen Ausführungen ist ebenfalls ein kulinarisches Highlight. Was das Gebäck betrifft, so hat Litschau das "Mangerl", eine Art Mohnweckerl. In Litschau bäckt es die Bäckerei Smetacek heute noch – einfach fantastisch. Für Fleischliebhaber:innen ist unser Fleischhauer Geitzenauer ein besonderer Tipp. Er ist Fleischhauer aus Leidenschaft, und die Qualität des Fleisches ist wirklich außergewöhnlich. Er legt großen Wert auf die artgerechte Schlachtung – und das merkt man in der Qualität des Fleisches. Die Fisch- und Wildprodukte von Familie Seilern-Aspang vom Schloss Litschau sollte man jedenfalls probieren. Der Karpfen in unserem Restaurant und auch beim Schrammel.Klang.Festival stammt immer von ihnen – sie produzieren mit Herz und Seele.
Was macht den Winter rund um Litschau so besonders?
Im Winter verwandelt sich der Ort völlig. Sobald der Herrensee zufriert, ändert sich das gesamte Leben vor Ort. Innerhalb einer Minute kann man das andere Seeufer erreichen – und zwar ohne Boot. Man kann auf dem Eis spazieren gehen, Eislaufen, ja auch Eisstockschießen.
Wenn Sie von Litschau zurück nach Wien fahren: Welche kulinarischen Spezialitäten aus dem nördlichen Waldviertel müssen unbedingt mitkommen?
Auf jeden Fall Fleisch von Franz Geitzenauer, die Milch und der Joghurt von Familie Österreicher. Bio-Eier aus dem Hofladen am Hauptplatz nehme ich auch immer mit. Der Hofladen ist generell ein guter Tipp: Dort kann man jeden Tag, sogar am Sonntag, regionale Lebensmittel einkaufen, die alle von Bauern und Bäuerinnen aus der Umgebung stammen.