Des Apfelkönigs neue Kleider

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Mit Kunstwerken auf Hauswänden und Weinflaschen zeigen Viktoria und Maximilian Preiß von Wein- und Obstkultur Preiß, wie stimmig sich Weinkultur und Kreativität vereinen lassen.

Viktoria Preiß repräsentiert mit ihren Kolleginnen eine junge, überwiegend weibliche Winzer:innenszene, die das Traisental so besonders macht. Der Hof ihrer Familie liegt in Theyern, im Herzen des Traisentals, eingebettet in einen Flickenteppich aus Wein- und Obstgärten. Dort treffen wir Viktoria und ihren Bruder Maximilian, die nicht nur die nächste Generation des traditionsreichen Betriebs „Wein- und Obstkultur Preiß“ im Traisental verkörpern, sondern auch beispielhaft für die kreative Ader im Traisental stehen.

Die Wurzeln des Betriebs reichen zurück bis ins Jahr 1913, als Viktorias und Maximilians Ur-Ur-Großvater Leopold aus der Wachau kam und auf dem Hof in Theyern den Grundstein für Vielfalt und Selbstversorgung legte. Großmutter Angela und Vater Friedrich richteten den Fokus des Hofes gezielt auf Wein- und Obstbau aus. Bereits in den 1980er Jahren beschritt Vater Friedrich mit seinen naturtrüben, reinsortigen Apfelsäften aus sieben Apfelsorten innovative Wege, die seiner Zeit weit voraus waren. „Papa hat nie halbe Sachen gemacht. Er war immer schon ein Visionär, der das Potenzial jeder einzelnen Sorte erkannte und Elemente aus dem Weinbau in den Obstbau einfließen ließ“, erzählt Viktoria.

Seit sie 2014 Verantwortung im elterlichen Betrieb übernommen hat, bringt sie ihre Weltoffenheit und Erfahrungen von internationalen Lehrstationen in Michigan, Lyon, Südtirol und Neuseeland ein. Gleichzeitig versucht sie, in ihren Weinen die unverkennbare Herkunft aus dem Traisental zum Ausdruck zu bringen. 65 Prozent der Rebflächen sind mit Grüner Veltliner bepflanzt, rund 10 Prozent mit Riesling – zwei Sorten, die im Traisental und in der Großlage Parapluiberg besonders gut gedeihen. Die Böden sind geprägt von einer Kombination aus verfestigten Schottern, Sanden und Mergeln, die auch Gehäuse von Fossilien enthalten, den sogenannten „Kammerlingen“. Viktoria und ihr Vater haben diesen Fossilien eine eigene Weinserie gewidmet. Drucke des deutschen Zoologen und Künstlers Ernst Haeckel zieren die Weinetiketten.

Viktorias Leidenschaft für Musik – sie spielt Klavier und singt in einem Vokalensemble – findet auch im Weinbau ihren Ausdruck: „Sowohl im Weinbau als auch im Obstbau geht es um Harmonie, um den richtigen Zeitpunkt für die Ernte und um das perfekte Zusammenspiel bei der Verarbeitung – wie in der Musik.“ Ihr Engagement für die regionale Zusammenarbeit unter den Winzer:innen des Traisentals und ihre Leidenschaft für Musik inspirieren auch ihre Weinprojekte. Auch bei den Pop-Ups, die sie mit anderen jungen Winzer:innen organisiert, spielt Musik eine wichtige Rolle, während ihre künstlerische Ader oft auch bei der Etikettengestaltung zum Ausdruck kommt. „Ich liebe die Abwechslung, die der Wein bietet, und dass ich meine Kreativität ausleben kann. Es geht mir darum, dass jedes Detail stimmt – nicht nur der Geschmack, sondern auch das Gefühl, wenn man die Flasche in der Hand hält und das Etikett anschaut“, sagt Viktoria.

Maximilian, Viktorias Bruder, teilt diese kreative Leidenschaft, wobei er seine Inspiration in den Obstgärten und in seiner Leidenschaft für Äpfel findet. „Ich liebe an den Äpfeln, dass man jeden Schritt begleitet. Man zieht bereits den Baum groß, steuert, wie er sich entwickelt, erst dann kann man ernten. Aus den Äpfeln Säfte zu machen, ist für mich wichtig, weil ich so das Kreative ausleben kann und ein Produkt schaffen kann, das wertgeschätzt wird“, sagt Maximilian. „Es ist mir ein Anliegen, unseren Produkten ein unverwechselbares Gesicht zu verleihen, um auch die Wahrnehmung bei den Konsument:innen zu stärken. Durch die Veredelung unserer Obstsorten zu Fruchtsäften oder -nektaren gelingt mir genau das.“

Die produkttechnische Brücke zwischen Wein und Obst haben Viktoria und Maximilian bei der Entwicklung der Apfel-Pet-Nats geschlagen. Als erstes Wein- und Obstgut überhaupt haben sie Apfelmost nach der traditionellen Methode der Schaumweinherstellung verarbeitet, indem sie bereits gärenden Most in Flaschen füllten – ähnlich wie bei der Schaumweinherstellung entwickelt sich so durch die Flaschengärung ein natürliches Prickeln. Aus der rotfleischigen, leicht bitteren, tanninreichen Apfelsorte Baya Marisa ist die zart-fruchtige, leichte, animierende „Apfelkönigin“ entstanden, und aus der reschen, beinahe in Vergessenheit geratenen Apfelsorte Ananasrenette der leicht würzige, erfrischende „Apfelkönig“. Die Etiketten, die in Kooperation mit der St. Pöltner Künstlerin Linda Partaj entstanden sind, ziehen ihre Inspiration aus Spielkarten und „Alice im Wunderland“, wodurch die Getränke nicht nur geschmacklich, sondern auch visuell eine Hommage an Kreativität und Innovation darstellen.

Auch bei der Gestaltung der neu erbauten Obsthalle lebten Viktoria und Maximilian ihre kreative Ader voll aus und holten sich dafür den lokalen Künstler David Leitner ins Boot. Er hat gemeinsam mit Katharina C. Herzog das Kunstprojekt „Würmlas Wände – ein Dorf erzählt Geschichten“ initiiert. Auf 13 alten Stadln, Kellern und Silos erzählen großformatige Kunstwerke die Geschichten der Region und verwandeln die Ortschaften der Gemeinde Würmla in eine Galerie unter freiem Himmel. Sein Werk auf der Obsthalle der Familie Preiß vereint die Geschichte des Traisentaler Wein- und Obstguts mit einer Darstellung des Obstjahrs – und lässt zugleich Raum für Träume und Interpretationen.