Kabane und Liebe
Schwimmen wie zu Kaiserzeiten: Das Thermalbad Vöslau vereint Kultur, Natur, Kulinarik und einen Hauch Noblesse.
Das weite Thermalbecken, die Wiesen und der Blick auf den Wienerwald haben schon Arthur Schnitzler derart den Kopf verdreht, dass er ganze Sommer hier verbrachte. Seine Grandezza blieb dem Thermalbad Vöslau bis in die Gegenwart erhalten. Noch heute gilt das an der Ursprungsquelle von Vöslauer liegende Freibad als eines der schönsten Österreichs. Aber es ist noch mehr als das: Dank Carina Hochebner, Leiterin des Thermalbades Vöslau, ist es Kulturbühne, Kulinarik-Hotspot und vor allem der Inbegriff der Sommerfrische.
Frau Hochebner, ein Freibad gehört zu den ungewöhnlicheren Arbeitsplätzen, können Sie ein wenig davon erzählen?
Carina Hochebner: Mein Büro liegt auf dem Freibadgelände in der ehemaligen Abfüllanlage von Vöslauer, ein altes Industriegebäude, das wir zusammen mit einem Architekten vor einigen Jahren renoviert haben. Dass es ein wirklich besonderer, weil schöner Ort ist, dieser Gedanke kommt mir im Sommer immer abends nach Badeschluss, wenn ich noch mal durch das Gelände gehe.
Wobei das Thermalbad Vöslau ja weit mehr ist als ein Freibad. Es ist ein historisches Ensemble, vor allem aber ist es inzwischen Kulturinstitution. Wie kam es dazu?
Wir wollten unseren Gästen mehr bieten als ein klassisches Freibad und es war uns ein Anliegen einen Ort der Sommerfrische – ganz nach dem historischen Vorbild – neu zu beleben. Allerdings mit dem einen, entscheidenden Unterschied: Es sollte keine Sommerfrische sein, die bloß der Oberschicht vorbehalten ist. Wir wollen ein Ort sein, an dem sich jeder willkommen fühlt und an dem man Rücksicht nimmt. Wir haben dann im Team viel überlegt und uns natürlich die Frage gestellt, wofür Sommerfrische denn eigentlich genau steht.
So kam die Idee das Badeerlebnis mit Aktivitäten und einem Kulturprogramm zu erweitern?
Richtig. Denn genau genommen ist Sommerfrische ein Gesamterlebnis. Dazu gehört das Schwimmen genauso wie die Kulinarik, die kulturellen Veranstaltungen aber auch die Kleidung und die Stimmung generell. Aus diesem Ursprungsgedanken ist Vieles gewachsen. Wir hatten das Glück, Partner:innen gefunden zu haben, die unsere Ziele und Gedanken teilen, die Out of the Box denken können. So ist gemeinsam mit verschiedenen Designer:innen unsere Kollektion entstanden. Und so ergaben sich auch unsere Kulinarik Pop-ups, bei denen ausgewählte Gastrobetriebe unter freiem Himmel kochen. Obwohl wir mit Spitzenköchen zusammenarbeiten, ist die Atmosphäre ungezwungen. Es gibt keinen Dresscode und weil alle Gäste auf einer langen, gedeckten Tafel Platz nehmen, kommt es durchaus vor, dass man sich das Essen mit jemanden teilt, den man nicht kennt.
Mit dem Schwimmenden Salon, einer Kulturreihe, bei der Schauspieler:innen auf einer kleinen Insel mitten im Grünen Becken performen, hat sich das Thermalbad Vöslau sogar als Bühne einen Namen gemacht.
Absolut, unser Festival ist inzwischen weit über Bad Vöslau hinaus bekannt. Die Idee kam uns gemeinsam mit der heutigen Intendantin des Schwimmenden Salons, Angelika Hager. Bei einer ihrer Buchspräsentationen beschlossen wir, das Ganze größer aufzuziehen. Über die Jahre ist der Schwimmende Salon gewachsen, heute verkaufen wir fast viermal so viele Karten wie zu Beginn. Dafür sorgten einerseits die besondere Kulisse und die wirklich einmalige Stimmung im Bad, aber natürlich auch namhafte Künstler:innen wie Philipp Hochmair, Petra Morzé, Caroline Peters, Ursula Strauss, Manuel Rubey oder Michael Maertens. Die vielfältigen Darbietungen sind Teil des Kultursommers Wienerwald, der im Sommer zu allerlei kulturellen Freiluftveranstaltungen in die Region lädt.
Das Thermalbad Vöslau kann auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken. Bereits die alten Römer erkannten den Wert der heißen Quellen, später diente es den Menschen als Kurort. Ist es, würden Sie sagen, identitätsstiftend für die Vöslauer:innen?
Auf jeden Fall. Obwohl der Zuwachs aus Wien größer wird, kommt der Großteil der Stammkund:innen aus der Region. Das Thermalbad prägt natürlich das Ortsbild aber darüber hinaus auch das Lebensgefühl. Und wir merken immer wieder, die Leute sind stolz darauf. Es hat damals wie heute einen kulturellen Wert.
Woran liegt es, dass die großen Künstler:innen der Wiener Moderne hier Stammgäste waren?
Wir wissen von Beethoven, dass er einige Sommer hier verbrachte, Arthur Schnitzler hat hier sogar schwimmen gelernt und nach wie vor kommen Künstler:innen hierher. Ich denke, der Ort ist etwas wirklich Besonderes, die Anlage einfach wunderschön – das kann durchaus auch heute noch inspirierend sein.
Können Sie selbst auch Inspiration daraus ziehen? Immerhin hat sich sehr viel getan, seit Sie vor zehn Jahren die Geschäftsführung übernommen haben.
Auf jeden Fall. Wenn ich spätabends noch mal durch den Park gehe, wirkt das Bad magisch – für mich ist es die schönste Zeit. Und ja, da kann man auch durchatmen und über verschiedene Dinge nachdenken.
Im Bad hat man auch die Möglichkeit, in einer Kabane zu wohnen, 100 Kabanen teilweise mit Balkon oder Garten stehen zur Verfügung. Das klingt sehr reizvoll, aber wie kommt man an eine solche Besonderheit?
Es gibt zwei Arten von Wohnmöglichkeiten: Apartments und die Kabinen, die über den Sommer bewohnbar sind. Man muss sich anmelden und ein wenig Geduld mitbringen. Die Nachfrage ist groß, aber es zahlt sich aus, so viel steht fest.
Zuletzt noch eine persönliche Frage: Was ist Ihr Lieblingsplatz im Bad?
Auf der Insel im Naturbecken steht eine große Platane. Ich mag den Platz, weil man einen guten Blick hat über das Areal und weil man im Schatten liegen kann und das Wasser plätschern hört.