„Kunst ist für mich das Natürlichste der Welt.“
Die Malerin und Performancekünstlerin Rosa Roedelius ist fester Bestandteil der Badener Kunstszene. Ein Gespräch über Ruhe, Weiblichkeit und Inspiration.
Seit Jahrhunderten schon ist Baden ein Zufluchtsort für Künstler:innen. Hier ist es kühler, grüner und ruhiger als in der Großstadt. Hier kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen, Neues ausprobieren, sich mit Gleichgesinnten austauschen, in der Stadt sein, aber doch fernab der Hektik. Galerien, Museen und Festivals zeugen von dieser lebhaften Kunstszene – zu der auch die Künstlerin Rosa Roedelius gehört.
Frau Roedelius, beide Ihrer Eltern sind Künstler:innen, Ihr Vater Musiker, Ihre Mutter Performancekünstlerin. Können Sie sich daran erinnern, als Sie das erste Mal Kunst wahrgenommen haben?
Rosa Roedelius: Kunst war immer Teil meines Lebens, es war eine sehr frühe Ausdrucksform für mich, sie hat mich immer begleitet. Schon als kleines Kind konnte ich mich allein beschäftigen. Wir wohnten damals in einem kleinen Dorf ohne Anbindung an die Großstadt, da war Kunst alles für mich, ich malte, ich schrieb, ich bastelte und verwendete dafür alle möglichen Materialien. Was meinem Werdegang als Künstlerin dann sicher noch geholfen hat, war, dass ich immer Wertschätzung erfahren habe für mein Tun, sowohl von meinen Eltern als auch von meinem externen Umfeld. Ich weiß noch, dass ich früher im Restaurant mit meinen Bildern bezahlt habe. Kunst, das war für mich schon immer das Natürlichste der Welt.
Als Jugendliche sind Sie dann nach Baden gezogen, was hat sich damit verändert?
Wir kamen nach Baden, als ich 16 war, und das änderte so ziemlich alles. Es war wahnsinnig schön, ein unglaubliches Freiheitsgefühl, weil es mir plötzlich möglich war, rauszugehen und Leute zu treffen. Ich mochte die Stadt sofort.
Welches Gefühl verbinden Sie heute mit Baden?
Inzwischen ist es mein Zuhause, alles hier ist vertraut und das Beste daran ist: Ich kann hier zur Ruhe kommen, das merke ich immer dann, wenn ich aus Wien zurückkomme. Schon am Bahnhof fällt der gesamte Stress ab und ich kann durchatmen.
Setzen Sie sich mit Ihrer Umgebung auch in Ihrer Kunst auseinander?
Ja, die Natur ist ein immer wiederkehrendes Motiv in meiner Kunst. Ich setzte mich etwa mit dem Thema Wasser und seinen Untiefen und Zyklen auseinander. Wenn ich in der Natur bin, besonders dann, wenn ich im Helenental sitze, kommen viele Ideen. Inspiration schöpfe ich aber auch aus diesem Zwischenland des noch nicht Schlafens und fast schon Träumens. Manchmal kommt mir eine Idee nachts, dann fahre ich in mein Atelier und muss sie unbedingt umsetzen.
Eine Konstante in Ihrem Schaffen ist auch das Thema Weiblichkeit.
Ich finde das Spektrum Fruchtbarkeit, Mutterschaft und Geschlechtlichkeit wahnsinnig spannend. Denn das ist es auch, was uns Menschen mit der Natur verbindet, diese Schöpferkraft, die neues Leben entstehen lässt.
Sie haben selbst zwei Söhne, wie hat Ihre eigene Mutterschaft Sie als Künstlerin geprägt?
Ich bin Mutter geworden, noch bevor ich auf der Universität für Bildende Kunst in Wien zu studieren begonnen habe. Ich durfte meinen Sohn als Baby stets zum Unterricht, ja selbst zu Studienreisen mitnehmen. Es war wahnsinnig schön zu sehen, wie sich auch andere Studierende um mein Kind gekümmert haben. Aber auch inhaltlich hat das Thema Mutterschaft meine Arbeit geprägt. Es war fast, als wäre ich selbst wieder Kind geworden, ich habe etwa Geschichten mit sonderbaren Wesen gezeichnet oder mit den Werken gespielt. Das Spiel, so sehe ich das noch heute, macht dich total frei.
Neben Ihrer Kunst arbeiten Sie als Kunstvermittlerin im Arnulf Rainer Museum. Gefällt es Ihnen, über die Kunst von anderen zu sprechen?
Absolut! Man hat die Möglichkeit, Forschungsarbeit zu betreiben, sich in eine andere, meist sehr spannende Person zu vertiefen. Es ist inspirierend zu sehen, wie andere Menschen aus sich selbst schöpfen, was ihre Gedankengänge waren und wie sie die Welt wahrnehmen. Mindestens genauso interessant ist allerdings die Interaktion mit den Besucher:innen. Ich mag es etwa, wenn Menschen auf Kunst reagieren – selbst wenn es eine vermeintlich negative Reaktion ist. Wie Kunst auf uns wirkt, hat schließlich immer mit uns zu tun, es kann viel über uns verraten. Und schließlich arbeiten wir auch interaktiv, malen mit Schulklassen etwa oder spielen ein Theaterstück im Sommerworkshop.
Haben Sie den weltbekannten Badener Künstler Arnulf Rainer auch persönlich getroffen?
Ja, ich weiß noch, wie wir eine seiner alten Arbeiten aus dem Archiv geholt haben und wie gerührt er über seine eigene Arbeit war. Es war schön, zu sehen, dass jemand eine derartige Freude über eigene Werke hat. Ich habe ihn immer als einen sehr tiefgründigen Menschen erlebt, der sein Leben der Kunst gewidmet hat. Es wundert mich nicht, dass er ein ganz Großer der Kunstwelt ist.
Haben Sie einen persönlichen Lieblingsplatz in Baden?
Ich mag es überall an der Schwechat oder bei der ahornblättrigen Platane, einem wildwüchsigen Baum oberhalb des Beethoven Tempels im Kurpark. In der Jugend war das Café Central sehr wichtig. Es ist ein schöner Treffpunkt mit Altwiener Kaffeehaus Charme, an dem jeder für sich sein kann und trotzdem nicht alleine ist.