Mostviertler Gold

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Wie die Birne und deren sortenreiner Most im Mostviertel kulinarische Identität stiften und international strahlen.

Das Mostviertel ist das größte zusammenhängende Birnbaumgebiet auf Streuobstwiesen in ganz Mitteleuropa. Seine kulinarischen Botschafter sind die Mostbarone und Mostproduzent:innen, die die Bewahrung eines einzigartigen Erbes versprechen.

Wer braucht schon Champagner und Kaviar, wenn es Birnenschaumwein und Senfkaviar gibt? Oder den Birnenmost eines einzigen, über 160 Jahre alten Birnbaums? Beides steht für den kulinarischen Reichtum des Mostviertels. Im Frühjahr verwandelt sich dessen hügelige Landschaft mit ihren rund 200.000 Obstbäumen, davon 120.000 Birnbäume in ein einziges Blütenmeer.

Eine solche Anzahl an verstreut auf Wiesen wachsender Exemplare – sonst handelt es sich oft um Plantagen – ist einzigartig in Mitteleuropa. Dabei geben die Mostviertler Streuobstwiesen nicht nur einen unvergleichlichen Duft und Anblick ab, sondern auch ordentlich Geschmack. Mit seinem lebendigen Süße-Säure-Spiel ist der aus autochthonen Sorten gewonnene und meist reinsortige Birnenmost ein perfekter Essensbegleiter, aber auch pur ein Hochgenuss – für alle, die Bock haben auf naturnah vergorene Getränke. 

Der Herr des Mostes

Es sind Charakterköpfe wie Toni Distelberger, die das Beste der Mostbirne zum Vorschein bringen. Toni ist einer von 15 Mostbaronen, deren Erkennungsmerkmal ein schwarzer Hut ist, geschmückt mit einem mostviertelroten Band und einem weißen Flaum, ein Hinweis auf das Gefieder junger Steinadler. Bei den Mostbaronen handelt es sich um eine Art Genussbotschafter, um Produzent:innen, Gastronom:innen und Hoteliers. Denn die besten Produkte brauchen auch jemanden, der sich ihrer annimmt. Bewerben kann man sich um eine Stelle als Mostbaron nicht, man wird dazu berufen

Toni ist eines der Gründungsmitglieder des Vereins der Mostbarone und wurde bereits zum zweiten Mal zu dessen Vorsitzenden, dem sogenannten Primus, gewählt. Gemeinsam mit seiner Nichte Christine Pfligl führt er in Amstetten in seinem über 900 Jahre alten Vierkanthof den Genussbauernhof Distelberger. Zu kaufen gibt es dort etwa einen „Kaviar für die einfachen Leute“. Von Hand werden Senfkörner mit Quittensaft, Birnenbalsamico, Honig, Zitronengras und Gewürzen gemischt. Schmeckt säuerlich süß und ploppt beim Draufbeißen fast so wie das Original. Statt aus Störeiern besteht dieser Kaviar allerdings aus Senfkörnern. Macht sich gut auf einem Jausenbrett. Zum Käse aus der Region passt Tonis zehn Jahre im Holzfass gelagerter Birnenbalsam-Essig ebenso gut wie der leicht herbe Birnenschaumwein Brut, der zuverlässig in Schaumweinlaune versetzt.

Zum Dessert hingegen empfiehlt der Mostbaron den Birnensüßwein "eis.birne" – leicht im Alkohol, erfrischend und charaktervoll braucht er sich nicht vor Eisweinen der Spitzenklasse zu verstecken. Dafür gab es von der Genuss-Region-Österreich den Preis für die Produktinnovation des Jahres 2016. Dann wären da noch die drei Gourmetmostsorten Brous, Preh und Exibatur, die alle Bedürfnisse abdecken, vom Aperitif bis zum kräftigen Speisebegleiter. Birne, das kann Toni. Noch eine gute Nachricht für alle, die im Urlaub nicht so gerne die Uhr beziehungsweise die Heurigenzeiten im Blick haben: Sowohl der „Jausomat" als auch der Getränkekühlschrank des GenussLaden haben rund um die Uhr geöffnet.   

Zeit den Schatz zu heben 

Ein Reich an Genüssen bietet auch Haselberger Most. Gemeinsam mit seiner Frau Bernadette führt Peter Haselberger in St. Valentin mit großem Erfolg einen der Vorzeigebetriebe der Region. Ihre Produkte räumen regelmäßig Preise ab, der Falstaff setzte ihren halbtrockenen Birnenmost auf Platz 1, ebenso wie den Apfelmost.

„Zeit, den Schatz zu heben“ lautet Bernadettes und Peters Motto, sie spielen damit auf die über 100 Birnensorten der Region an, von denen einige im Verschwinden begriffen sind. Die Bäume wachsen teilweise auf 500 Metern Höhe, ihre Früchte werden nicht gepflückt, sondern aufgesammelt, wenn es so weit ist. "Geduld muss man halt haben", grinst Peter und jedem Baum mehrere Besuche abstatten. Nach der Pressung und Abfüllung in Edelstahl oder Barrique darf der Birnenmost anders als bei den meisten anderen Produzent:innen dann ein Jahr lang ruhen beziehungsweise zur Perfektion reifen, bevor er in die Flasche kommt. 

Etwas ganz Besonderes ist Haselbergers Einzelbaumabfüllung der über 160 Jahre alten Grüne Pichlbirn, die noch einen Schritt weiter geht als die sortenreine Abfüllung: Wie der Name schon sagt, kommen die Früchte allesamt von einem einzigen Baum. Das Ergebnis ist elegant, unverkennbar, komplex und spritzig-leicht, oder, in den Worten des Gastrojournalisten und -kritikers Jürgen Schmücking: „Ein Musterbeispiel an Eleganz. Steckt im fine dining so manchen Wein in die Tasche. Gehört auch genau dort hin. In die gehobene Gastronomie. Oder in den Kühlschrank daheim, wenn es einmal was Großes zu feiern gibt."  

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