Rund um Retz

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Wo sich das Anklopfen an Kellertüren lohnt, sich die Winzer:innen Zeit nehmen – und wo sich alles um den bewussten Genuss dreht.

Zum Start gönnen wir uns in Retz nicht nur ein knuspriges-frisches Brot, sondern auch Mohnzelten auf zweierlei Art von Bäcker Erich Kasses, dem ersten geprüften „Slow Baker Österreichs“ aus Thaya im Waldviertel. Im Café „Brot & So“ servieren Christina Fischer und Dietmar Krenn diese nämlich nicht nur klassisch aus mürbem Erdäpfelteig, sondern auch in der weniger bekannten Variante aus Topfenteig – freilich immer großzügig gefüllt mit Waldviertler Graumohn: Wir empfehlen eine Vergleichsverkostung!

Im nur wenige Gehminuten entfernten Retzer Stadtzentrum hat sich in der Zwischenzeit der sonst ruhige Hauptplatz in einen geschäftigen Marktplatz verwandelt. Jeden Samstag kommen hier auf Initiative der beiden Neo-Retzer:innen und „Genusspassionisten“ Michael Vesely und Adelheid Reisinger (unsere Retzer Land Insiderdie besten Produzent:innen der Region zusammen und bieten ihre kostbaren Lebensmittel an. Hier gehen wir der genussvollen Vielfalt des Weinviertels auf den Grund.

Gestärkt von der Marktjause wandern wir durch die Kellergasse zur Retzer Windmühle. 1853 von Johannes Tobias Bergmann erbaut, ist sie heute Österreichs einzige noch betriebsfähige Windmühle. In einem kurzen Rundgang erfahren wir, wie hier schon seit über 160 Jahren mit der Kraft des Windes heimisches Getreide zu Mehl vermahlen wird – um daraus gleich darauf mit Hilfe von Bäckerin Manuela Kumerer einen Teig anzurühren und Brotlaibe zu formen, die im Holzofen vor der Windmühle gebacken werden.

Rund um die Weinstadt Retz liegen zwei weitere Hotspots für Vinophile: Haugsdorf und Platt. Obwohl die Orte nur wenige Kilometer Luftlinie trennen, sind die Weine, die dort gedeihen, höchst unterschiedlich – denn die Böden sind es auch: In den Retzer Weingärten dominiert der Granit der böhmischen Masse, um Haugsdorf sind die Böden lehmig-sandig und die Weingärten in Platt liegen auf vom Urmeer geprägten, kalkigen Ablagerungsböden. Wer so wie wir wissen will, wie die Unterschiede schmecken, macht sich auf zu den bunten Hoftüren. Nur nicht schüchtern sein, denn genau das macht den Charme des Weinviertels aus: Wer anklopft, wird gerne willkommen geheißen.

Also auf in die Kellergassen, die im Weinviertel auch „Trift“ heißen – von „treiben“, weil hier einst Schafe durchgetrieben wurden. In der Haugsdorfer Kellertrift klopfen wir an Tür Nummer 34 und treffen Neo-Winzerin Anna Schöfmann, die 2022 gemeinsam mit ihrem Bruder Laurenz das eigene Weingut Schöfmann & Schöfmann gegründet hat. Hier kosten wir Grünen Veltliner aus Retz und eine rote Cuvée aus Niederösterreichs Rotwein-Enklave Haugsdorf, beide wie früher direkt in der Trift gekeltert. Und wir kommen auf den Geschmack der autochthonen, selten gewordenen Rebsorte Blauer Portugieser, deren Wiederbelebung Anna mit großem Engagement vorantreibt. 

In der Platter Kellergasse machen wir uns auf zur Kellertür des Demeter-Weinguts Fidesser. Erneut merken wir, wie einfach es ist, mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen – ein kurzer Anruf genügt und die Tore öffnen sich weit. Hier verkosten wir mit Sophie und Rudi Fidesser ihre Naturwein-Linie „Orbis“, die für sie eine „ernsthafte Spielwiese“ ist und die manche Weintrinker:innen an den Geschmack von früher erinnert. Währenddessen geht die Sonne hinter den Weingärten unter – denn auch das ist so eine Sache im Weinviertel: Man bleibt oft viel länger, als man vorhatte. Denn nicht selten wird aus einer kurzen Verkostung ein gemütliches Beisammensein. Die Winzer:innen des Weinviertels nehmen sich eben Zeit für ihre Gäste.

#momentmahl: Die rundum sehenswerte Weinviertel-Tour

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