Rund um Waidhofen an der Thaya
Merkliste aufrufen merkenWo Bierbrauen in weiblicher Hand liegt und die Erdäpfel sowohl in die Schokolade als auch in den Vodka kommen.
Das charmante Städtchen Waidhofen an der Thaya, das unweit von Litschau im nördlichen Waldviertel liegt, ist eine von sieben sogenannten "Stadtmauerstädten" in dieser Region, die noch heute von historischen Stadtmauern umgeben sind. In den Straßen des historischen Stadtkerns erwarten Besucher:innen neben geschichtlichen aber auch kulinarische Besonderheiten. Dazu gehört etwa die Konditorei Müssauer mit ihren handgeschöpften Schokoladen oder die Craft-Bier-Brauerei „Hopfenspinnerei“. Schließlich ist Waidhofen an der Thaya auch die Heimat von Nørderd-Vodka, der den „Spirit des Waldviertels“ in flüssiger Form einfangen möchte. Eine weitere Gelegenheit, das Waldviertel in flüssiger Form zu schmecken, bietet sich übrigens bei einem Abstecher nach Schrems – in die Bierbrauerei Schremser.
600 Jahre Waldviertler Brautradition: Bierbrauerei Schremser
Bevor wir uns an diesem kalten Wintermorgen auf den Weg nach Waidhofen machen, zieht es uns durch die malerische Winterlandschaft des Waldviertels in das kleine Städtchen Schrems zur traditionsreichen Brauerei Schremser. Dort treffen wir Eigentümer und Braumeister Karl Trojan. Seit 1838 hält die Familie Trojan die Zügel der 600 Jahre alten Brauerei fest in der Hand. Brautradition wird hier so großgeschrieben wie der prägnante Schriftzug aus den 1930ern am Eingang zur Brauerei. Während in großen Brauereien sämtliche Prozesse längst automatisiert und digitalisiert sind, führt im Sudhaus von Schremser noch ein klassischer „Biersieder“ das Steuer. Seit jeher setzt Karl Trojan auf regionale Rohstoffe, größtenteils direkt aus dem Waldviertel. Die Braugerste der Sorte „Waldviertler Landkorn“ stammt sogar zu 100% aus dem Waldviertel. „Das Klima im Waldviertel ist ideal für den Anbau von Braugerste und Hopfen“, sagt Karl Trojan. Kein Wunder also, dass das Waldviertel auch als „Bierviertel“ bezeichnet wird und eine Fülle von Brauhäusern beheimatet. Auch das weiche, kalkfreie Wasser aus der Waldviertler Urgesteinslandschaft sei ein wahrer Qualitätsbooster für das Bier, so Karl Trojan.
Eines der bekanntesten Biere von Schremser ist das „Schremser Bio-Roggen“. Karl Trojan nennt es stolz „die Waldviertler Antwort auf das Weizenbier.“ Es wird zu 100% aus Waldviertler Rohstoffen gebraut. „Die Erhaltung der regionalen Wirtschaftskreisläufe im Waldviertel ist mir ein großes Anliegen. Deswegen beziehen wir die Rohstoffe, wann immer möglich, direkt aus der Region“, sagt er. Ebenso liegt ihm die Waldviertler Gastronomie am Herzen. Gemeinsam mit seiner Diplom-Biersommelière Magdalena Uitz schult er Gastronom:innen in Biersensorik und unterstützt sie beim Bier-Food-Pairing. „Zu gebackenen Waldviertler Karpfen passt uns vollmundiges Bockbier“, sagt er. Nicht ohne Grund, denn es wird im Hochsommer eingebraut und ist nach vier Monaten Reifezeit pünktlich zur Weihnachtszeit genussfertig – wie der Weihnachtskarpfen.
Handgeschöpfte Schokoladen aus dem Waldviertel: Konditorei Müssauer
In Waidhofen an der Thaya erwartet uns bereits Konditormeister Andreas in seiner Café-Konditorei-Bäckerei Müssauer. Seit über fünfzehn Jahren kreiert er neben Mehlspeisen, wie seinen beliebten, handgewuzelten Mohnwuzlern, auch Schokolade und füllt sie mit typischen Waldviertler Zutaten wie Holunder, Zwetschken, Whisky, Mohn und sogar Erdäpfeln. Ein Experiment, bei dem er versuchte, seine beliebten Mohnwuzler mit Schokolade in Kugelform zu bringen, ließ ihn erstmals mit Schokolade experimentieren. Bald darauf stellte er seine ersten, gefüllten Schokoladentafeln her.
Die beliebteste Sorte? „Das ist unsere Mohn-Zwetschken-Schokolade“, sagt Andreas. Alle zwei Wochen produziert er gemeinsam mit seiner Konditoreimeisterin Barbara Schokoladetafeln in reiner Handarbeit. Maschinen sucht man vergeblich: „Dafür ist unsere Produktion zu klein“, sagt Andreas. Sogar die Rahmen zum Schokoladegießen hat er sich selbst gebaut. Rund zehn bis dreizehn einzelne Handgriffe sind nötig: vom Vorbereiten der Ganache über das Temperieren der Schokolade in der Restwärme des Backofens bis hin zum Gießen, Schneiden und Verpacken der Schokoladetafeln – ausgiebiges Verkosten nicht miteingerechnet.
Bierbrauen im Kochtopf in der Hopfenspinnerei
In Evelyn Bäcks Brauerei „Hopfenspinnerei“ krempeln wir schließlich unsere Ärmel hoch und wollen lernen, wie wir selbst Bier brauen können. Evelyn startete ihre ersten Brauexperimente 2011 in einem Kochtopf, genau wie sie es uns heute in ihrem Brauworkshop zeigen wird. 2017 machte sich die Autodidaktin mit der Gründung ihrer Brauerei „Hopfenspinnerei“ selbständig, bevor sie 2020 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Gwaël Gauthier die alte Mühle aus dem 14. Jahrhundert in Waidhofen an der Thaya kaufte und sie zu Brauerei und „Taproom“ umbaute.
„Der Standort hier im Waldviertel ist ideal, da das Wasser durch viele Gesteinsschichten gefiltert wird und daher relativ weich ist, was zum Bierbrauen perfekt ist“, erläutert Evelyn. In ihrer Mikrobrauerei stellen Evelyn und Gwaël unfiltrierte, nicht pasteurisierte Biere her. „Würden wir unsere Biere filtrieren, würden wir alles Gesunde und Geschmackvolle aus dem Bier rausfiltern, das wollen wir nicht“, sagt Evelyn. Ihre Biere, das sind das „Schlederwamperl“ und das „Ziegengeist“. Das „Schlederwamperl“ ist ein helles, leichtes, hopfenaromatisches Bier, das sich richtig gut trinken lässt – deshalb auch der Name „Schledern“, der für schnelles Trinken steht. Die zweite Biersorte, „Ziegengeist“, ein Altbier mit leichten Röstaromen, ist eine Hommage an die ehemalige Waidhofener Brauerei „Ziegengeist“. „Wir versuchen unsere Zutaten so regional wie möglich zu beziehen“, sagt Evelyn. „aber es gelingt nicht immer. Wir sind bio-zertifiziert und oft gibt es unsere gewünschten Zutaten noch nicht in Bio-Qualität im Waldviertel. Noch nicht.“ Rund 500 Liter Bier können die beiden in einem Durchgang brauen. Vom Brautag bis zur fertigen Reifung braucht es rund vier Wochen. „Bier lässt sich nicht hetzen“, sagt Gwaël. Eine Flasche haben sie zehn bis zwölf Mal in der Hand, bevor sie serviert werden kann, weil alle Schritte händisch passieren.
Schließlich bereiten wir unter Evelyns fachkundiger Anleitung im Kochtopf unseren eigenen Sud zu. „Am meisten lernt man durch eigenes Tun“, sagt Evelyn. „Deshalb zeigen wir in unseren Workshops eine kompakte Variante des Brauens, die jeder und jede auch zuhause ohne viel Ausrüstung nachmachen kann. Uns ist es auch wichtig, dass jeder und jede einen eigenen Sud im Workshop ansetzt. So hat man am Ende sein ganz eigenes Bier.“ Nach dem Kochvorgang füllen wir den heißen Sud in ein kleines Fass. Die Hefe für die Gärung bekommen wir noch mit, denn diese dürfen wir erst nach dem Abkühlen des Suds hinzufügen. Nun heißt es vier Wochen warten, bis unser eigenes Waldviertler Bier fertig ist. Da der Gusto auf ein kühles Bier aber schon groß ist, nehmen wir noch kurz im „Taproom“ von Evelyn und Gwaël Platz und gönnen uns ein frisch gezapftes Bier. Im zugehörigen Shop gibt’s alle Biere auch zum Mit-nach-Hause-Nehmen. Wer die Biere der Hopfenspinnerei auch gleich noch zum Essen probieren möchte, kann das im Gasthaus Lorbaer in Waidhofen an der Thaya tun. „Evelyn und Erich haben im Winter sehr gute Schmorgerichte auf der Karte, da passt unser Altbier „Ziegengeist“ perfekt dazu“, sagt Evelyn.
Der Geist des Waldviertels: Nørderd-Vodka
Ebenfalls in Waidhofen an der Thaya verwurzelt ist der Bio-Vodka Nørderd – und zwar wortwörtlich: Denn die Bio-Erdäpfel aus der Waldviertler Erde inspirierten Bio-Pionier Josef Ackerl 2009 dazu, den „Geist des Waldviertels in die Flasche zu bringen“ und Vodka aus Erdäpfel zu produzieren – der Nørderd Pure Potato Vodka war geboren. Dafür werden die Erdäpfel nach der Ernte zu feinem Brei verarbeitet, bevor Hefekulturen die Gärung einleiten. Nach einer 72-stündigen Gärphase erfolgt die Destillation, anschließend wird der Alkohol feingebrannt, gefiltert und mit Wasser verdünnt. Doch bei den Erdäpfeln alleine sollte es nicht bleiben. Dem Pure Potato folgte der Nørderd Single Malt Vodka, der aus Waldviertler Bio-Roggen destilliert wird, sowie der Pure Apple Vodka, hergestellt aus Waldviertler Bio-Äpfeln.
Pur verkostet schmeckt der Nørderd Pure Potato Vodka mollig-weich und zartwürzig mit leicht pfeffrigen Noten. Doch er lässt sich auch wunderbar mixen. Im Waidhofener Restaurant und Irish Pub „Foggy Mix“ haben wir die Gelegenheit, Zwei-Hauben-Koch Bernhard Zimmerl über die Schulter zu schauen, wie er mit Nørderd Pure Potato einen Nørderd Spritz zubereitet.