Von der Rebe in die Flasche und an den Tisch
Merkliste aufrufen merkenBirgit und Anna Pferschy-Seper zeigen im Weingarten und am Tisch ganz genau, was den Wein und die Heurigenkultur in der Thermenregion unverwechselbar macht.
Das Weingut Pferschy-Seper ist seit vier Generationen in Frauenhand. Heute leitet es Birgit Pferschy-Seper mit Leidenschaft für autochthone Sorten. Ihre Tochter Anna wurde 2022 von Falstaff zur beliebtesten Jungwinzerin Niederösterreichs gewählt – und bietet einen Weinerlebnistag an.
Warum haben Sie das Projekt „Winzer für einen Tag“ ins Leben gerufen?
Anna Pferschy-Seper: Ich habe mich vor zwei Jahren entschieden, in den Betrieb einzusteigen. Das ist eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit und das sieht man jetzt auch an dem Projekt. Damit habe ich 2021 gestartet, weil man einen direkten Kontakt zu den Kund:innen hat und sieht, wie ihnen die Weine schmecken. Das ist ein schönes Feedback und macht mir Spaß. Mein größtes Anliegen dahinter ist, einen wirklich persönlichen Einblick in die verschiedenen Aktivitäten unseres Betriebes zu geben. Ich bin selbst eine Person, die alles gerne aktiv hat: Ich verstehe Sachen am besten, wenn ich sie selbst probieren kann. Und genauso setze ich das bei „Winzer für einen Tag“ um. Man ist bei allen Arbeitsschritten dabei, kann etwas ausprobieren, dann wird viel verkostet – damit man mit allen Sinnen einen Einblick bekommt, wie der Wein in die Flasche kommt.
Gibt es verschiedene Schwerpunkte bei „Winzer für einen Tag“?
Anna Pferschy-Seper: Wir bieten vier Termine für die Weinlese an, das ist je ein recht intensiver Tag mit bis zu sechs Stunden: Man ist aktiv im Weingarten draußen, dann fährt man mit den Trauben nach Hause zur Übernahme, kostet einen frischen Traubensaft von der Presse und danach geht es weiter in den Keller. Dort verkostet man den Wein während der Gärung in verschiedenen Stadien, sodass man sieht, wie schnell sich ein unterschiedliches Geschmacksbild entwickelt. Zum Abschluss gibt es eine gemütliche Weinverkostung mit einer Jause. Außerdem biete ich im Winter zwei Termine für den Rebenschnitt an. Das ist für viele interessant, die im Garten auch Reben haben. Bei allen Terminen habe ich kleine Gruppen, damit man über alle Fragen zur Weinproduktion gut reden kann.
Bei der Weinproduktion in der Thermenregion stehen zwei autochthone Weißweinsorten im Zentrum: Rotgipfler und Zierfandler. Was ist das Besondere an ihnen?
Anna Pferschy-Seper: Sie wachsen ausschließlich bei den Bodengegebenheiten und den klimatischen Bedingungen unserer Region gut. Viele unserer Weingärten rund um Gumpoldskirchen sind am Fuße des Anningers in Steillagen, wo untertags die Sonneneinstrahlung für hohe Zucker- und Nährstoffeinlagerungen in den Trauben sorgt und in der Nacht durch Fallwinde und Temperaturunterschiede die Säure gut konserviert wird. Diese zwei Sorten sind cremig, vollmundig und aromatisch – auch, weil wir sie nachher in Wienerwald-Eichenfässern lagern. Der Rotgipfler hat eine sehr intensive Frucht, der Zierfandler ist eine Spur dezenter. Eine elegante Sorte ist der Weißburgunder, der für unsere Thermenregion ebenso wichtig ist, die auch die Burgund Österreichs genannt wird.
Warum wachsen der Rotgipfler und Zierfandler nur in der Thermenregion?
Birgit Pferschy-Seper: Die Toplagen beim Wienerwald sorgen für die perfekte Balance, die wir für diese Trauben brauchen. Ohne den Wienerwald wäre unser Wein nicht machbar, weil wir dann ein sehr heißes Gebiet wären und wesentlich breitere Weine hätten. So haben wir aber einen Wein, der mehr Säure hat, und mit einer großartigen Mineralität zeitgleich auch frischer und lebhafter ist. Ein Alleinstellungsmerkmal.
Was ist noch außergewöhnlich an der Gegend und an Ihrem Betrieb?
Birgit Pferschy-Seper: Großartig ist auch die historische Verwurzelung: Es gibt so viel, was es in der Region zu entdecken gibt, Kaiserin Sisi war zum Beispiel da. Unser Betrieb hat auch ein stolzes Alter: Er ist über 300 Jahre alt und ich leite ihn in der vierten Frauengeneration. So viele Winzerinnen hintereinander sind selten, das hat sich bei uns einfach ergeben. Meine Tochter Anna ist bereits die fünfte Generation.
Sie gehören außerdem zu den Bio-Pionieren der Thermenregion und sind seit 2003 ein zertifizierter Bio-Weinbaubetrieb. Gibt es jetzt hier schon mehrere, die auf Regionalität und Bioanbau achten?
Birgit Pferschy-Seper: Das ist auf jeden Fall ein Trend. Wir leisten uns für die Region sogar einen eigenen Bioberater. Ich bin überzeugt: Wenn die Region zusammenhält und zeigt, was sie kann, dann ist sie unverwechselbar. Auch in unserem Heurigen arbeiten wir mit regionalen Betrieben, zum Beispiel mit mehreren Bäckereien, dem Gut Dornau für Fisch oder dem Annahof für Würste und Käse. Ich glaube, dass das Buffet dadurch eine Vielfalt hat, die man selten bekommt. Die Zusammenarbeit mit der Natur der Region ist mir ein besonderes Anliegen. Ich hoffe, dass wir noch lange in dieser schönen Gegend leben können und dass geschätzt wird, was wir hier haben – weil das nicht selbstverständlich ist.
Was darf man sich nicht entgehen lassen, wenn man Ihren Heurigen besucht?
Birgit Pferschy-Seper: Ich würde mich bei den regionalen Spezialitäten durchkosten: Bei den Gerichten und bei den Weinen, die man auch als 1/16 bestellen kann, damit man möglichst die Vielfalt erleben kann. Was unsere Heurigenkultur auch ausmacht, ist, dass wir ein Familienbetrieb sind. Wir sind persönlich vor Ort, bedienen und beraten unsere Gäste in unserem Lokal oder in unserem schönen Gastgarten, in unserer Vinothek und im neuen Verkostungs- und Veranstaltungsraum, der für Feiern wie auch Workshops oder Seminare einen entspannten Rahmen bietet.