Gaubitsch: Welt trifft Weinviertel
Wie man für Brot und Kaffee direkt mit den Bauern zusammenarbeitet.
Die Rohstoffe für das Brot und Gebäck der Bäckerei Öfferl wachsen in nächster Nähe auf den Feldern rund um Gaubitsch im Weinviertel. Seit Georg Öfferl und Lukas Uhl den Familienbetrieb übernommen haben, haben sie die direkte Zusammenarbeit mit Bauern und Bäuerinnen zum wichtigen Prinzip gemacht. Dass sie neuerdings auch Kaffee rösten, hat daran nichts geändert – im Gegenteil: Es klappt auch über mehrere tausend Kilometer Distanz.
Gutes Brot beginnt am Feld
Seit Jahrzehnten liegt in dem kleinen Dorf Gaubitsch, etwa auf halber Strecke zwischen Wien und Retz, der Duft von frischem Brot in der Luft. Seit einigen Jahren noch mehr als sonst: Denn da haben die jungen Bäckermeister Georg Öfferl und Lukas Uhl den Familienbetrieb übernommen und umgekrempelt. Die Rohstoffe beziehen sie seither direkt von den Bauern und Bäuerinnen in der Region Wein- und Waldviertel: Biologisch-dynamischer Roggen, Dinkel und Weizen für Brot und Gebäck wachsen auf den Feldern von Thomas Oehlinger und Maria Harmer in Alt-Prerau in der südmährischen Tiefebene des Weinviertels. Im Waldviertler Dietmannsdorf baut Martin Allram ebenfalls nach biologisch-dynamischen Grundsätzen Emmer, Einkorn und Waldstauderoggen an. Die Sonnenblumenkerne kommen von Helga Bernold im nahegelegenen Stronsdorf, die Beeren für die süßen Bäckereien vom Biobeeerengarten Hummel in Loosdorf. Warum Georg und Lukas den Aufwand betreiben, alle Rohstoffe direkt zu beziehen? Weil sie überzeugt sind, dass man den Unterschied schmeckt. Gutes Brot beginnt für die beiden auf den Äckern des Wein- und Waldviertels.
Der Bäcker macht jetzt Kaffee
Als Georg und Lukas die erste Wiener Öfferl-Filiale in der Wollzeile eröffnen, steigt auch der Bedarf an Kaffee – und die beiden beschäftigt bald die Frage: Warum eigentlich nicht selber machen? So zieht ein Trommelröster in das ehemalige Dorfwirtshaus in Gaubitsch ein, wenig später lernen Georg und Lukas – im Kaffeehaus, wo sonst? – den Barista Martin Wölfl kennen.
Die drei tun sich zusammen und erarbeiten sich Stück für Stück ein Netzwerk von Kaffeebauern und -bäuerinnen in Guatemala, El Salvador, Ruanda und Brasilien. Und sie reisen hin: „Wir wollen ja auch verstehen, wie sie arbeiten. Und denen taugt es dann, dass wir ähnlich ticken wie sie“, erzählt Lukas. Viele Bauern und Bäuerinnen hätten diese Form der Partnerschaft und der Zusammenarbeit auf Augenhöhe davor auch gar nicht gekannt. Wobei: Kaffeebauern und -bäuerinnen, die nach ähnlichen Prinzipien arbeiten (biologisch oder biologisch-dynamisch) kennen einander häufig. Als die drei Neo-Kaffeeröster ihren Farmer Rodolfo Ruffatti Batlle in El Salvador besuchen, lernen sie dort etwa Eric Wright kennen, einen gebürtigen Amerikaner und Kaffeefarmer in Ruanda, von dem sie inzwischen ebenfalls Kaffee beziehen. „Du wirst dann auch ein Teil dieses Netzwerks, lernst voneinander“, sagt Martin.
Nähe über Kontinente hinweg
Und man überlegt gemeinsam mit den Kaffeebauern und -bäuerinnen, welcher Kaffee angebaut wird und wie er aufbereitet werden soll, bevor er in die Rösterei nach Gaubitsch kommt. „‘Was taugt euch am meisten?‘ war eine der ersten Fragen von Rodolfo“, sagt Martin. Die direkte Art der Zusammenarbeit sei zwar durch die Distanz und auch die kulturellen Unterschiede manchmal schwierig, doch: „Wir sind einfach in der Zwickmühle – wir können nicht anders“, sagt Lukas. Schließlich finden die Kaffeebauern und -bäuerinnen sogar in der Bezeichnung der Öfferl-Kaffees Einzug: Hinter dem R1-Espresso stecken die Arabica-Bohnen, die Rodolfo gemeinsam mit anderen Familien im Vulkankomplex Santa Ana in El Salvador anbaut. In der E2-Filterkaffeeröstung stecken die Arabica-Bohnen von Eric und dem „Community Coffee Rwanda Project“ in Ruanda. Und wenn es länger nicht mit einem Besuch klappt? „Dann schreibst du halt mal wieder auf WhatsApp.“ So funktioniert das also mit der direkten Zusammenarbeit über Kontinente hinweg.